















„Dunkle Wasser“ – eine Fotoausstellung von Yvonne Salzmann zum KZ-Außenlager Schandelah-Wohld
Originalbilder von 1946/47 der Alliierten, als sie das KZ-Außenlager Schandelah-Wohld auflösten, in Doppelbelichtung mit seinen heutigen umgebenden Bächen und Teichen.
Seit 2010 befasse ich mich historisch und künstlerisch als Fotografin und als engagierte Bürgerin mit einem ehemaligen Neuengamme-Außenlager. Es ist das KZ Schandelah-Wohld.
Nah an Braunschweig und nah an Wolfsburg hatten Dietrich Klagges, Ministerpräsident des Freistaats Braunschweig, zusammen mit Solms Wilhelm Wittig, Professor an der TU Braunschweig, die Gründung der Steinöl GmbH, später getarnt als Kalk- und Zementwerke Schandelah, beschlossen. Ziel war der Aufbau einer Versuchsanlage zur Gewinnung von Öl aus Ölschiefer.
Im Mai 1944 begann die SS, den Aufbau des Lagers im Wohld zu organisieren. Häftlinge aus dem KZ Neuengamme wurden als Arbeitskräfte eingesetzt, erst 700, im Dezember knapp 800 und im April 1945 kamen noch weitere 500 aus dem KZ Porta dazu. Schwere körperliche Arbeit, schlechte Verpflegung, Hunger, mangelhafte Winterkleidung und eine erbärmliche Unterbringung kennzeichneten die grauenvolle Situation im Lager Wohld. Probleme bereitete besonders die Versorgung mit Wasser. Es musste in großen Fässern von einem Bauern in Schandelah geholt werden. Jeder in der Gegend wusste von dem, was im Wohld passierte.
Die Begegnungen und Gespräche mit Zeitzeugen auf den Mai-Gedenkveranstaltungen im Wohld, die Zusammenarbeit mit Dr. Diethelm Krause-Hotopp* und gemeinsame Workshops mit Schülerinnen und Schülern aus der Region über die Geschichte des KZ Wohld prägen meine künstlerischen Arbeiten bis heute.
Die Topografie des Terrors ist bis heute eingegraben in die Landschaft. Das Wasser um das ehemalige KZ hinterlässt Spuren und löst sie gleichsam wieder auf. In den damals ausgehobenen Massengräbern hat sich über die Jahre die Erde abgesenkt. Darin füllt sich immer wieder das Wasser. Es wird zumindest für eine Zeit zum Spiegel der Gräueltaten des Naziregimes im Braunschweiger Land.
Auf Veranlassung der englischen Militärregierung fanden im Mai 1946 Exhumierungen auf dem Lagerfriedhof statt. Auf einem neu eingerichteten Friedhof in unmittelbarer Nähe wurden 113 Gräber angelegt. Bis 1954 gelangten insgesamt 16 Särge zurück in ihre Heimatländer. Da der zweite Friedhof in unwegsamem Gelände lag, fand 1954 eine erneute Umbettung auf den Friedhof Scheppau statt.
Das ehemalige Abbaugebiet für Ölschiefer zur Sicherung des Mineralsicherungplans ist heute mit Wasser vollgelaufen, kleine Teiche sind entstanden. Bäche schlängeln sich entlang dieses Gebietes. Blüten fallen ins dunkel gefärbte Wasser, die Erinnerung ist im Fluss und gleichzeitig braucht es Bilder, um sie immer wieder mit Leben zu füllen.
Die Idee bei dieser Arbeit ist, eine Vermischung der Zeitebenen herbeizuführen. Das Wasser ist ein stilles Element im Hier und Jetzt und ist es wiederum nicht. Das Wasser verbindet Geschichte und Landschaft. Es birgt neues Leben und bewahrt, es verschließt und erinnert gleichzeitig. Unser Leben ist heute geprägt vom Nachdenken über Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Minimierung von Lebenshaltungskosten und Einfachheit, von Rassismus, Demokratieabbau, es ist, als seien die Leerstellen in unserem kulturellen Gedächtnis nicht ausgetrocknet. Sie füllen sich, genauso wie sich die topografischen Leerstellen immer wieder mit Wasser füllen.
Meine künstlerische Arbeit will vermitteln, sensibilisieren, Geschichte sichtbar machen und die Verstrickung unserer Region ins Bewusstsein rücken.
Der Text ist in Teilen aus der Eröffnungsrede der Kunsthistorikerin Dr. Ute Maasberg, 2024, Zonen-Grenzmuseum Helmstedt.
* Autor des Buches ‚Das Konzentrationslager Schandelah-Wohld 1944 -1945‘